Faktoren der Unternehmensbewertung

Der Unternehmenswert ist von finanziellen, strategischen und persönlichen Faktoren abhängig, die im Vorfeld gelenkt werden können.

Index

  1. Die Schlüsselfaktoren für eine präzise Unternehmensbewertung

  2. Small Firm Premium als Besonderheit


Die Schlüsselfaktoren für eine präzise Unternehmensbewertung: Was beeinflusst den Unternehmenswert?

Die Unternehmensbewertung ist ein entscheidender Schritt im M&A-Prozess. In diesem Artikel werden neun Schlüsselfaktoren beleuchtet, welche die Unternehmensbewertung und somit auch den Verkaufspreis maßgeblich beeinflussen.

Anlass der Bewertung

Der Anlass der Bewertung ist entscheidend, da er die Interessen potenzieller Investoren stark beeinflusst. Sei es eine interne Nachfolge, eine externe Übernahme, Kapitalbeschaffung oder Erbschaftsregelungen, jede Situation spricht unterschiedliche Investorengruppen an. Daher ist es wichtig, den Anlass der Bewertung von Anfang an klar zu definieren und die Unternehmensbewertung sowie den Verkaufsprozess daraus auszurichten. 

Branchenzugehörigkeit des Unternehmens

Die Branche, in der das Unternehmen tätig ist, spielt eine entscheidende Rolle. Investoren können auf bestimmte Branchen spezialisiert sein oder umfangreiche Branchenkontakte besitzen. Die Branchenzugehörigkeit kann den Verkaufsprozess beschleunigen, aber auch den potenziellen Käuferkreis einschränken.

Tipp: Bei einem Unternehmensverkauf müssen immer die spezifischen Merkmale und Trends des Branchenumfelds sowie die aktuelle Marktsituation berücksichtigt werden.

Kundenstamm

Die Größe und Diversifizierung des Kundenstamms sind von großer Bedeutung. Ein breit gestreuter Kundenstamm reduziert das Abhängigkeitsrisiko von einzelnen Kunden und erhöht die Flexibilität des Unternehmens. Eine hohe Abhängigkeit von einem einzigen Kunden kann im Gegensatz dazu das Risiko erhöhen und den Unternehmenswert mindern. Des Weiteren muss beachtet werden, wie lange Kundenbeziehungen schon bestehen und wie oft die Kunden beim Unternehmen einkaufen. 

Abhängigkeit vom Unternehmer

Die Abhängigkeit des Unternehmens von Einzelpersonen, insbesondere dem Geschäftsführer, kann den Unternehmenswert beeinflussen. Ein hoher Grad an Abhängigkeit kann den Wert senken, da nach Ausscheiden des Unternehmers Kunden- oder Lieferantenbeziehungen wegfallen können. Daher müssen potenzielle Käufer Lösungen für die entstehenden Lücken in der Unternehmensstruktur finden.

Tipp: Versuchen Sie bereits vor dem Unternehmensverkauf etwaige Abhängigkeiten zu reduzieren, um so den Unternehmenswert zu steigern. 

>> Lesen Sie hier weitere Tipps zur Steigerung des Unternehmenswertes <<

Umsatz und Gewinn

Umsatz und Gewinn sind wesentliche finanzielle Kennzahlen, auf die sich die Methoden der Unternehmensbewertung stützen. Sie beeinflussen den Unternehmenswert maßgeblich. Die Analyse vergangener Finanzdaten ermöglicht die Prognose zukünftiger Gewinne und den Vergleich mit branchenüblichen Benchmarks.

Investitions- und Modernisierungsbedarf

Der Investitions- und Modernisierungsbedarf kann den Unternehmenswert ebenso beeinflussen. Hohe Investitionen können potenzielle Käufer abschrecken, da diese neben dem Kauf des Unternehmens noch weitere Ausgaben tätigen müssen. Es kann jedoch auch sein, dass die potentiellen Käufer diese Investitionen effizient und kostengünstig umsetzen können, da diese die entsprechende Erfahrung oder wertvolle Geschäftsbeziehung mitbringen. Die strategische Ausrichtung in Bezug auf Investitionen sollte daher sorgfältig geprüft werden.

Tipp: Wägen Sie als Geschäftsführer ab, welche Investitionen Sie noch vor dem Verkauf tätigen möchten und welche nicht. 

Saisonalität

Eine hohe Saisonalität kann zu unregelmäßigen Umsatzströmen führen. Es ist wichtig, Strategien zu entwickeln, um saisonale Schwankungen auszugleichen und den Unternehmenswert nicht negativ zu beeinflussen. Dies funktioniert am besten mit wiederkehrenden Umsätzen.

Zyklizität

Die Fähigkeit eines Unternehmens, sich in wirtschaftlichen Krisen zu behaupten, beeinflusst die Unternehmensbewertung. Starke Umsatz- und Gewinnschwankungen können das Risiko für Investoren erhöhen. Diese bewerten das Unternehmen dann mit einem niedrigeren Wert. 

Art der Umsätze

Die Art der Umsätze kann die Attraktivität eines Unternehmens beeinflussen. Grundsätzlich werden einmalige Projekterlöse und wiederkehrende Einnahmen durch Abonnementmodelle unterschieden. Wiederkehrende Einnahmen werden oft bevorzugt, da sie Prognosen erleichtern und stabile Cashflows bieten.

Schlussfolgerungen

Die Unternehmensbewertung ist ein komplexes und facettenreiches Feld, das tiefgehende Analysen und umfassende Fachkenntnisse erfordert. Die oben genannten Aspekte, angefangen beim Verkaufsanlass bis hin zur Art der Umsätze, spielen eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung des Unternehmenswerts. Eine genaue Bewertung hilft nicht nur dabei, den idealen Käufer zu finden, sondern optimiert auch den gesamten Verkaufsprozess. Auf dieser Grundlage wird der Verkaufspreis abgeleitet. Daher ist eine gründliche Bestimmung des Unternehmenswertes zu Beginn des Verkaufsprozesses unerlässlich.


Small Firm Premium als Besonderheit bei der Bewertung von KMU

Der präzise Wert eines Unternehmens ist in einem M&A-Transaktionsprozess von großer Bedeutung. Bei der Bewertung von kleinen Unternehmen kann eine sogenannte „Small Firm Premium“ eingesetzt werden. 

Ursprung der Small Firm Premium

Kleine, niedrigkapitalisierte Unternehmen erwirtschaften oft höhere Renditen als hochkapitalisierte Unternehmen. Dies bedeutet, dass auch die Eigenkapitalkosten von kleinen Firmen höher sind, wodurch das Risiko, in diese Unternehmen zu investieren, steigt. Aus diesem Grund fordern die Eigenkapitalgeber von kleineren Unternehmen höhere Renditen, um dieses Risiko zu vermindern.

Die Eigenkapitalkosten im Rahmen der Weighted Average Cost of Capital können in der Praxis durch das Capital Asset Pricing Model (CAPM) berechnet werden. In diesem Modell stellt der Beta-Faktor den einzigen Risikofaktor dar. Daher kann das CAPM durch das Hinzufügen einer „Small Firm Premium“, auch „Small Size Premium“ genannt, ergänzt werden. Die additive Beifügung der Small Firm Premium als Risikofaktor in der Unternehmensbewertung soll der höheren Renditeforderung der Eigenkapitalgeber gerecht werden. 

Die Anwendung der Small Firm Premium stützt sich vor allem auf Kapitalmarktstudien des New Yorker Aktienmarkts im 20. Jahrhundert. Hierbei wurde in mehreren Studien ein Größeneffekt zwischen hoch- und niedrigkapitalisierten Unternehmen festgesellt. Die Ergebnisse dieser Studien konnten bisher allerdings nicht auf dem europäischen Markt repliziert werden.

In europäischen Unternehmen ist der Size Effekt meist marginaler als in US-amerikanischen Firmen und tritt nur über kürzere Zeitperioden auf. Dies kann am Grad der Kapitalisierung, sowie dem Steuer- und Handelssystem des amerikanischen Aktienmarkts liegen. Besonders im deutschsprachigen Raum wird die Anwendung einer Small Firm Premium kontrovers diskutiert. Beispielsweise wird kritisch argumentiert, dass auch noch andere Möglichkeiten bestehen, um den Größenunterschied von KMU in der Unternehmensbewertung adäquat zu berücksichtigen. 

Besonderheiten von kleinen Unternehmen

Unumstritten ist jedenfalls, dass sich kleine Unternehmen durch ihre Struktur und Eigenheiten von großen Unternehmen unterscheiden. Einerseits weisen kleine Firmen eine höhere Illiquiditätsrate und ein höheres Insolvenzrisiko auf als große Unternehmen. Daher setzen auch wirtschaftliche Krisen diesen Unternehmen stärker zu.

Andererseits verfügen kleine Unternehmen über einen geringeren Kundenstock, wodurch die Abhängigkeit zu wenigen Stammkunden steigt. Kleine Firmen haben auch nur einen beschränkten Zugang zu Ressourcen, seien es Ressourcen finanzieller, personeller oder strategischer Art. Dementsprechend müssen die Besonderheiten von kleinen Unternehmen in der Unternehmensbewertung berücksichtigt werden. Dies spricht für die Verwendung der Small Firm Premium als Risikofaktor bei der Bewertung eines konkreten Unternehmens. Die angemessene Quantifizierung des additiven Risikos durch den Unternehmensbewerter stellt hier einen Schlüsselfaktor dar.

Berechnung

Bei der Berechnung der Small Firm Premium kann auf das Valuation Handbook von Duff & Phelps zurückgegriffen werden, das jährlich veröffentlicht wird. Die Size Premium wird dabei als Differenz zwischen den tatsächlichen historischen Überschussrenditen und der vom CAPM vorhergesagten Überschussrenditen für verschiedene Größenklassen berechnet.

Überschussrenditen sind Renditen, die über die risikofreie Anlage hinausgehen. Duff & Phelps haben 2019 zusammen mit der Rotterdam School of Management unter Leitung von Erik Peek eine Studie publiziert, in welcher Unternehmen anhand verschiedener Größen wie Kapitalisierung, Vermögenswerte, Verkaufszahlen oder Mitarbeiteranzahl eingeordnet werden können. Bei einem KMU ist es sinnvoll, die Größe des Unternehmens mittels Verkaufszahlen oder Anzahl der Mitarbeitenden zu messen. Die folgende Grafik zeigt die Höhe der Small Size Premium für KMU anhand ihrer Verkaufs-/ oder Mitarbeiterzahlen:  

Portfolio Risk by size Avg. Sales (in € millions) Smoothed Premium over CPAM Avg. # of Employees (in € millions) Smoothed Premium over CAPM
1 (big) 38,002.60 0.47% 140,494.50 0.23%
2 7,079.80 1.30% 27,139.30 1.10%
3 3,223.20 1.53% 13,203.10 1.40%
4 1,896.40 1.68% 7,489.50 1.64%
5 1,177.00 1.82% 4,637.90 1.85%
6 747.90 1.97% 3,088.90 2.04%
7 476.00 2.14% 2,068.80 2.25%
8 327.60 2.33% 1,469.10 2.44%
9 226.50 2.54% 994.40 2.68%
10 160.80 2.77% 705.50 2.92%
11 111.40 3.06% 507.30 3.17%
12 73.10 3.46% 336.20 3.53%
13 46.70 3.97% 215.30 3.97%
14 28.80 4.62% 137.30 4.48%
15 16.60 5.52% 79.40 5.21%
16 (small) 6.50 7.50% 27.10 6.97%
Quelle:  Peek, Erik. “A Study of Differences in Returns between Large and Small Companies in Europe.” SSRN Online Journal (April 30, 2019).  

Schlussfolgerungen

Die Small Firm Premium soll die erhöhten Renditeforderungen von Eigenkapitalgebern kleiner Unternehmen ausgleichen. Höhere Renditeforderungen bedeuten einen höheren Diskontierungssatz bei der Discounted-Cashflow Methode , wodurch auch der Zinseffekt erhöht wird und zukünftige Cashflows geringer gewichtet werden. Die Anwendung einer Small Size Premium reduziert folglich den Unternehmenswert. Diese Praktik ist bei risikobehafteten kleinen Unternehmen in speziellen Situationen, beispielsweise beim Unternehmensverkauf, sinnvoll.

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